Zitiert aus „Schminke Maske Körperkunst“ Beat Frutiger, Zytglogge Verlag 1991 7
sowie zinnoberrote Lippen sind fester Be-
standteil der äusseren Erscheinung. Dabei
wird der erotische Aspekt der Schminke
nicht verleugnet (Illing Richard, Japanese
Erotic Art And Life Of TheCourtesan“, Tha-
mes and Hutson 1978). Interessant ist der
Vergleich mit Manets Bild „Nana“(Hofmann
Werner, „Nana“ Du Mont 1974). Hier wird
durch die Umgebung auch für unsere
westlich geprägten Augen deutlich, dass
Schminken etwas mit Erotik zu tun hat. Die
erotische Wirkung kann beim wiederholten
alltäglichen Schminken verflachen. Die Be-
malung wird zuletzt vielleicht als reine De-
koration empfunden oder entwickelt sich zu
einer Art Bekleidung, ohne die man „nackt“
im Gesicht ist (vergl. Zitate). Schmuck, de-
korative Kunst auf dem Körper, finden wir
besonders schön ausgeprägt beim Stamm
der Nuba aus dem Sudan. Dort verzieren
sich die Männer ein- bis mehrmals täglich
das Gesicht und teilweise den Körper mit
schwarzer, weisser und gelber Erdfarbe. Je-
der gestaltet dabei seine eigenen persönli-
chen Ornamente.
Zusammenfassend kann gesagt werden,
dass Schminken immer und überall existiert
hat, allerdings in verschiedenen Formen und
Ausprägungen. In unserer westlichen Kultur
wurde dabei im Alltag vor allem ein idealer
Hautton (als Statussymbol) angestrebt, das
Auge als wichtiges Kommunikationsorgan
betont und der Mund zu einem (wenigstens
ursprünglich) sexuell gemeinten Signal ge-
macht, wie das der Schlager „Rote Lippen
soll man küssen“ treffend ausdrückt. Vor
Festen und kultischen Anlässen wird das
gegenseitige Schminken zu einem gesell-
schaftlichen Ereignis.
Kult und Ritus
Wichtige Lebenssituationen werden von
den Menschen durch kultische Handlungen
für das Individuum und die Gemeinschaft
sichtbar gemacht und gefeiert. Solche durch
die Tradition festgelegte Zeremonien oder
Riten finden wir bei allen Naturvölkern im
Zusammenhang mit Fruchtbarkeit, Geburt,
Erwachsen werden oder Initiation, Heirat
und Tod. Diese Bräuche sind so stark im
menschlichen Wesen verwurzelt, dass sie
auch in unserer Zivilisation auf verschie-
dene Art und in vielfältigen Abwandlungen
noch vorhanden sind. Meistens spielt dabei
die Maskierung eine bedeutende Rolle, ent-
weder mit Masken, die dauerhaft aus Holz
oder anderen Materialien bestehen, oder
durch Bemalung. Erstere werden oft in Opf-
erzeremonien hergestellt und danach nur
von Auserwählten getragen, die Bemalung
hingegen wird auch bei gewöhnlichen Mit-
gliedern der Gesellschaft angewendet (Ebe-
ling Ingelore, „Masken und Maskierung“ Du
Mont 1984). Das Nicht-akzeptieren-Können,
dass das Leben aufhört, und der Glaube an
göttliche Mächte führten zu verschiedenen
Riten, bei denen sich die Lebenden mit Hil-
fe von Masken mit Tieren, Geistern, Ahnen
und Göttern identifizierten. Die Maske wird
dabei zu einem Mittel der Transzendenz, für
den Toten ins ewige Leben und für den Le-
benden (zur Kommunikation) ins Totenreich.
Die schwarze und grüne Augenschminke
der Ägypter war auch für die Toten „lebens-
notwendig“. Letztere hat sich im Ritus viel
länger gehalten als im Alltag. Das Schmin-
ken der Toten hat sich übrigens bis in unsere
Zeit hinein erhalten. Welches allerdings die
genaue Funktion ist, ist schwierig zu sagen:
Ist es eine Ehre, die dem Toten erwiesen
wird, oder hat es etwas mit der Verdrängung
des Todes zu tun, die bei uns üblich ist?
Einen früher vielleicht weltweit stark ver-
breiteten Schminkbrauch kennen die Pa-
pua noch heute im Zusammenhang mit dem
Totenkult. Sie bemalen sich Gesicht und
Körper mit gelbem Lehm, um sich vor dem
Geist des soeben Verstorbenen zu verste-
cken (Bogner Piet, „In der Steinzeit gebo-
ren“ Walter Verlag, Olten 1982).
Auch der durch die Bibel bekannte Brauch,
sich Asche aufs Haupt zu streuen, diente
wahrscheinlich (neben der Verschleierung)
ursprünglich dem Zweck, sich dem Toten
unkenntlich zu machen. Es ist gut möglich,
dass das ganze Gesicht früher mit Asche
schwarz gefärbt wurde.
Von allen heidnischen kultischen Bräuchen
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