6 Zitiert aus „Schminke Maske Körperkunst“ Beat Frutiger, Zytglogge Verlag 1991
Hermann, „Ägypten und ägyptisches Leben
im Altertum“, Gerstenborgverlag Hildes-
heim 1981) vor ca. 5‘000 Jahren spielte das
Schminken eine fast ebenso grosse Rolle
wie die Bekleidung und die Frisur, wie man
aus Opferlisten und Grabbeigaben ersehen
kann. Die Augen b~i Bildern und Statuen
wurden so gemalt, wie sie auch in Wirklich-
keit mit Schminke verstärkt wurden (Abb. 2).
Das Auge in dieser Form steht in der Hiero-
glyphenschrift für „Schönheit“ und ist Sym-
bol für die Vollständigkeit und Unversehrt-
heit des Körpers. Das Schminken der Augen
soll auch ein Mittel gegen Augenkrankheiten
gewesen sein. Als Farben dienten Blei-
glanz (pbS, schwarz) und Malachit (Kup-
ferverbindung, grün). In der Tradition lebt
die Augenschminke der alten Ägypter fort.
Man schreibt dem „Kohl“ (arab. Kochi), wie
die Araber die Schminke nennen, in Ägyp-
ten noch heute eine heilsame Wirkung zu.
Kohlstift nennt man bei uns den schwarzen
Dermatografen, mit dem man den Lidstrich
zieht. Ocker wurde in Altägypten und Meso-
potamien als Rouge für Lippen und Wangen
benützt, die Sumererinnen scheinen sich
das Gesicht mit gelbem Ocker gepudert zu
haben.
In der Bibel (II Kön.9,30. Jer. 4,30. Eze.
23,40) wird das Schminken als etwas Ne-
gatives beschrieben. Die Juden als Noma-
denvolk kannten den Brauch vermutlich
zuerst nicht. Später wurde das Schminken
immer als Einfluss einer fremden Kultur an-
gesehen, durch die auch der Glaube gefähr-
det war. Schminken wurde somit zu etwas
Heidnischem und ist es bis heute irgendwie
geblieben. Ganz im Gegensatz dazu wurde
und wird im christlichen Kult mit der Beklei-
dung teilweise ein enormer Aufwand betrie-
ben.
Seit der Antike (Balsdon Dacre, „Die Frau
in der römischen Antike“, Verlag C.H. Beck,
München 1979) bemühten sich vor allem die
Frauen immer wieder, einen möglichst hel-
len Teint zu haben. Nützten alle „natürlichen“
Hilfsmittel zu wenig, schminkte man sich un-
teranderem mit Bieiweiss,einem hoch gifti-
gen Bleipigment. Römische Triumphatoren
sollen sich mit Bleimenninge rot bemalt ha-
ben. Xenophon und Eubulos berichten um
350 v.Chr., dass Frauen die Augenbrauen
schwarz (Russ oder Antimon), die Gesichts-
haut weiss (Bleiweiss) und die Wangen rot
(Maulbeersaft oder Färberochsenzunge)
bemalten, Farben, die dann beim Schwitzen
an der Sonne verschmierten und in Bächen
herunterliefen (DU, Nr.10 1943).
Noch in der Renaissance (Sachs Hannelo-
re, „Die Frau in der Renaissance“, Verlag
A. Schroll + Co 1971) stellten die Frauen
Schminken.‘ und Salben oft nach eigenen,
sorgfältig gehüteten Rezepten her, was dann
mit hohen gesundheitlichen Risiken verbun-
den war. In erster Linie ging es auch damals
darum, Haut und Haare aufzuhellen, weiss
und blond war das Ideal. Dies steigerte sich
dann im Barock zu weisser Haut, weisser
Perücke, roten Bäckchen und Lippen (Abb.
3), und zwar bei beiden Geschlechtern, al-
lerdings nur in der Aristokratie. Pickel und
Entzündungen wurden mit Schönheitspfläs-
terchen („Mouches“) verdeckt.
Noch heute scheidet die Hautfarbe vor al-
lem „die Leute, die nicht arbeiten müssen“
von der „Arbeiterklasse“.
Eben (80er Jahre) war noch braun - auch
da wird mit Schminke nachgeholfen - das
Zeichen von Ferien und Wohlstand, nach-
dem man sich aber die Bräune noch schnell
neben der Arbeit billig im Solarium holen
kann, scheint sich wieder eine Trendwende
zu weiss anzubahnen, natürlich ebenfalls
geschminkt.
Auch in den Kulturen der anderen Erdteile
wird geschminkt. Die Bezeichnung „Rot-
haut“ bezieht sich auf die manchmal grell-
rote Kriegsbemalung gewisser Indianer-
stämme mit zinnoberroter Erde. Daneben
kannten einige Stämme eine weisse Kör-
perbemalung und weitere, verschiedenfar-
bige Verzierungen, die (wie auch bei andern
Naturvölkern) eine Stammeszugehörigkeit
kennzeichneten, einen Schmuck darstellten
oder Feinde und Dämonen verjagen sollten.
Eine sehr grosse Schminktnidition kennt
auch der Ferne Osten, China und Japan.
Schwarze, schön geschwungene Augen-
brauen, schwarz umrandete Augen mit ei-
nem weit nach aussen gezogenen Lidstrich
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